Temperaturmessung mit Platin-Temperaturmesswiderständen
Stichworte: RTD, Pt100, Pt1000, Widerstandsthermometer
Dieser Artikel entstand 2002, deutlich vor WikipediaDe:Widerstandsthermometer. Hier sind noch praktische Aspekte zu finden, die nicht in "enzyklopädische Ausrichtung" von Wikipedia passen.
Temperaturabhängigkeit Platin
"Callendar–Van Dusen"-Gleichung mit t: Temperatur / °C
Für t > 0 gilt: R(t) / R(0°C) = 1 + A*t + B*t² Für t < 0 gilt: R(t) / R(0°C) = 1 + A*t + B*t² + C*(t-100)*t³
Koeffizienten nach DIN EN 60751 (IEC 60751, früher IEC751):
B = -5,775E-7
C = -4,183E-12
Entgegen mancher Literatur ist letztere natürlich keine kubische Gleichung sondern vierter Ordnung. Der letzte Term macht bei -20°C ca 1mK aus, bei -50°C 20mK.
Toleranzklassen
Für Widerstandsthermometer und Messwiderstände nach DIN EN 60751:
Klassen | Grenzabweichung in °C | Bereich drahtgewickelt | Bereich Dünnschicht |
B/3; AA; W 0,1; F 0,1 | 0,10 + 0.0017 * |ϑ/°C| | -50…+250°C | 0…+150°C |
A; W 0,15; F 0,15 | 0,15 + 0.0020 * |ϑ/°C| | -100…+450°C | -30…+300°C |
B; W 0,3; F 0,3 | 0,30 + 0.0050 * |ϑ/°C| | -200…+600°C | -50…+500°C |
C; W 0,6; F 0,6 | 0,60 + 0.01 * |ϑ/°C| | -200…+600°C | -50…+600°C |
Klassen A/B/C gelten für Widerstandsthermometer, F* für Dünnschicht-Messwiderstände, W* für drahtgewickelte Messwiderstände
Selbsterwärmung (Eigenerwärmung)
Je nach Größe gibt Jumo 0,05K/mW bei Glasmesswiderständen und bis zu 0,2K/mW bei kleinen Chipwiderständen an.
Umrechnung R->t
Der naheliegende aber i.d.R. ungeeignete Weg ist, die quadratische Gleichung nach T aufzulösen.
Zur Vereinfachung verwende ich eine Substitution: r = (R / R0 - 1) ist die relative Widerstandsänderung zum 0°C-Wert, also r = 0 bei 0°C und r = 1 bei 266,4°C. Damit sieht die Umkehrfunktion so aus:
t/°C = 3383,8 * (1 - SQRT(1 - 0,15123 * r))
Die Lösungsformel ist schlecht konditioniert, denn man muss
1 - SQRT(1 - (kleine Zahl))
ausrechnen, dabei wirken sich Fehler in der Wurzelfunktion entsprechend stark aus.
Außerdem ist eine Wurzelberechnung viel aufwendiger als eine Multiplikation, ohne FPU (z.B. bei Microcontrollern) kann das erhebliche Rechenzeiten bedeuten.
Einfacher und genauer kann man die Temperatur mittels eines Polynoms bestimmen. Statt Gehirnschmalz für eine Reihenentwicklung habe ich den "Solver" einer Tabellenkalkulation arbeiten lassen, hier die Ergebnisse einer Optimierung für den Bereich 0…250°C, für eine effiziente Berechnung gleich im Horner-Schema dargestellt:
Grad | Formel | relativer Fehler | absoluter Fehler |
quadratisch | t = (r * (255,7 + r * 10,62)) °C | 0,05% v.M. | 0,15K |
kubisch | t = (r * (255,8723 + r * (9,6 + r * 0,878))) °C | 20ppm v.M. | 3mK |
Sollte diese Genauigkeit nicht ausreichen, kann man für einen anderen Temperaturbereich oder eine andere Zielsetzung (minimaler relativer oder absoluter Fehler) natürlich bessere Koeffizienten ermitteln.
Einfach(st)er Messverstärker:

Nichtinvertierender Verstärker, die Mitkopplung über R4 kompensiert als "negativer Leitwert" den endlichen Widerstand R1. In der gezeigten Dimensionierung sieht der Pt100 eine nahezu ideale Stromquelle. Die Ausgangsspannung ist also proportional zum Widerstandswert des Pt100-Fühlers.
Wenn man R4 weiter verkleinert, kann man sogar eine (quadratische) Linearisierung der Pt100-Kennlinie erzielen. Die richtigen Werte kann man natürlich ausrechnen, ich ziehe (als fauler Mensch) ein Tabellenkalkulationsprogramm mit Solver vor.
R2 steuert den Nullpunkt.
- Oliver Betz - Neuried / München
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