Eigentumsrecht bei Luftbildaufnahmen
Letzte Änderung 2021-01-26
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Bestehende Rechtsprechung zu Luftbildaufnahmen, Luftbildfotografie
Nur wenige Urteile um die Zulässigkeit von Luftbildaufnahmen befassen sich mit dem Eigentum an der abgelichteten Sache. Vermutlich kommt nur selten jemand auf die abwegige Idee, die Eigentumsfrage als Grundlage für die Abwehr von Luftbildaufnahmen heranzuziehen.
Eine rechtskräftige Beanstandung von Luftbildern beruht in den mir bekannten Verfahren immer auf einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. der Privatsphäre.
LG Frankfurt am Main 25.11.2020, 2-06 O 136/20 "Drohnenaufnahme einer Autobahnbrücke"
Die Frankfurter Urheberrechtskammer befasste sich zwar nicht mit dem Eigentumsrecht, dafür ausführlich mit §59 UrhG und bejahte die "Panoramafreiheit" für Luftaufnahme ausdrücklich (entgegen der älteren "Hundertwasserhaus"-Rechtsprechung). Der eigentumsrechtliche Ansatz der Sanssouci-Urteile von 2010 (s.u.) ist bei Luftbildern also kaum anwendbar, da der BGH feststellte: "Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können".
LG Itzehoe, 11.06.2020, 10 O 84/20 "Google Earth"
Zitat aus der Pressemitteilung des Landgerichts: "war lediglich das zu sehen, was von jedermann auch aus einem Flugzeug oder Helikopter zu sehen gewesen wäre" (Herv. d.d.A.)
"...Luftbildaufnahmen ist es allerdings immanent, dass diese von einem beliebigen Standort oder mittels Satelliten aus dem öffentlichen (Welt-)Raum und damit - auch wenn nicht für jedermann möglich - von einer allgemein zugänglichen Stelle aus angefertigt werden."
"Allerdings ist § 1 Abs. 1 LuftVG die ordnungsgemäße Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge grundsätzlich frei, wodurch das Eigentumsrecht des Grundstückeigentümers beschränkt wird."
"Da der Eigentümer den Überflug und die Fotoaufnahmen von dort (Anm: Der Luftsäule über dem Grundstück) nicht verbieten kann, ist der Zuweisungsgehalt des Eigentums nicht betroffen."
Und weitere Ausführungen z.B. zum Mangel an "berechtigtem Interesse an der Abwehr" und dem "Interesse der Allgemeinheit sich die Abbildung der Erde von oben anschauen zu können".
OLG Oldenburg 12.10.1987, 13 U 59/87, NJW-RR 88, 951
Gewerbliche Luftbildaufnahmen von Hausgrundstücken aus einem Helikopter mit dem Zweck, die Bilder den Hauseigentümern zu verkaufen.
Kein Eingriff in die Privatsphäre, da die Menschen nicht identifizierbar sind.
LG Hamburg, 17.05.2013 - 324 O 655/12 "Schwanenwerder"
Luftbilder eines futuristischen (urheberechtlich geschützten) Gebäudes neben der Villa von Joseph Goebbels auf der Insel Schwanenwerder. Die Klage beruhte auf Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht, aber das Gericht stellte unter Rn. 18 trotzdem zur eigentumsrechtlichen Frage fest:
Im Berufungsverfahren Urteil OLG Hamburg vom 13.03.2018 Az. 7 U 57/13 leider keine Erwähnung des Eigentumsrechts
Amtsgericht München, 19.08.2009 161 C 3130/09 "AEZ Pullach"
Die Klage beruhte auf Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht. Das Luftbild wurde erlaubt,
AG/LG Köln Dachterrasse einer Penthousewohnung mit Sauna
Amtsgericht Köln 19.06.2008 202 C 15/08 -> Berufungsverfahren LG Köln, 08.01.2009 29 S 67/08
Die Aufnahmen wurden zwar nicht aus der Luft, sondern vom Dach eines benachbarten Hauses angefertigt, aber das Berufungsgericht verglich mit Luftaufnahmen:
Letztlich stand der Klägerin ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu, weil der Saunabereich ein der Privat- und Intimsphäre im besonderen Maße gewidmeter Raum sei.
Prominentenvillen
Mehrere Urteile zu Anwesen Prominenter auf Mallorca beruhten auf dem Persönlichkeitsrecht. Ohne Wegbeschreibung wurden Luftaufnahmen als zulässig wegen geringer Eingriffsintensität angesehen, z.B. BGH, 09.12.2003 - VI ZR 404/02. Unzulässig KG Berlin 5.5.2000 9 U 555/00 und BGH VI ZR 373/02 letztlich wegen Wegbeschreibung.
OLG Köln 18.04.2019 15 U 215/18 "...Tatsache, dass sich aus dem Eigentum an einem Grundstück allein im Zweifel auch kein eigentumsrechtlicher Abwehranspruch gegen eine Veröffentlichung von (Sach-)Fotos begründen lässt..."
BGH-Rechtsprechung "Sanssouci" / "Preußische Schlösser und Gärten"
Inwieweit ist die BGH-Rechtsprechung "Sanssouci" V ZR 45/10 vom 17.12.2010 (und Parallelurteile) sowie klarstellend V ZR 14/12 vom 1. März 2013 auf Luftbildfotografien anwendbar?
Die Grundlage bzw. Voraussetzungen der Urteile sind:
- Die Erlaubnis zum Zugang beruht auf einer Entscheidung des Grundstückseigentümers, m.a.W. der Grundstückseigentümer muss das Recht haben, darüber zu entscheiden, wer das Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungen dies ermöglicht werden soll.
- Das Recht, wirtschaftliche Vorteile ("Früchte") aus dem Grundstückseigentum zu ziehen, steht dem Grundeigentümer zu.
- Eine Beeinträchtigung entsteht nicht durch das Fotografieren, sondern durch das "Betreten" mit folgender Verwertung der dabei entstandenen Bilder.
Ausdrücklich nicht beanstandet werden in den Urteilen Aufnahmen, die "von öffentlich zugänglichen oder anderen Stellen außerhalb des Grundstücks" aufgenommen werden. Anmerkung: Der wichtige Zusatz "oder anderen" wird in Zitaten oft weggelassen, was die Aussage unzulässig verändert.
Der BGH bekräftigte am 1. März 2013, dass kein "eigenständiges Recht am Bild der eigenen Sache" konstruiert werden sollte sondern ein Nutzungsverbot, das aus der Nutzung des Grundstückes entsteht, vgl. V ZR 319/01 vom 19. September 2003 "Kabelnetz" (Rn 15).
Wie sind Luftbilder bezüglich der "Sanssouci"-Rechtsprechung einzustufen?
Zugang beruht auf einer Entscheidung des Grundstückseigentümers
Die vom BGH festgestellte Verwertungsbefugnis erfordert die Befugnis des Grundstückseigentümers, den Zugang verbieten oder unter Bedingungen gestatten zu können.
Für die Schlossgärten bejaht der BGH diese Befugnis: V ZR 46/10 Rn. 22 "Die von der Klägerin verwalteten Anwesen sind zwar seit langem der Öffentlichkeit zugänglich. Das beruht aber nicht darauf, dass sie wie etwa öffentliche Straßen und Plätze dem Gemeingebrauch gewidmet wären".
Der Luftraum jedoch ist dem Gemeingebrauch gewidmet, ähnlich dem öffentlicher Straßen. Die Benutzung des Luftraums ist gemäß §1 LuftVG frei (ausführlich s. Benutzungsfreiheit des Luftraums) und kann nicht vom Grundeigentümer beschränkt werden. Dies bestätigen die Urteile LG Itzehoe, 11.06.2020, 10 O 84/20 und LG Frankfurt am Main 25.11.2020, 2-06 O 136/20.
Früchte aus dem Grundstückseigentum
Anmerkung: Die 2010 verwendete Formulierung "Früchte ziehen" bzw. "Fruchtziehung" wurde 2013 vermieden. Stattdessen "...wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet".
§ 1 LuftVG lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass die wirtschaftlichen Vorteile aus der Benutzung des freien Luftraums über einem Grundstücks nicht dessen Eigentümer zustehen. Sonst müsste das auch für andere gewerbliche Flüge gelten, z.B. Sightseeing-Rundflüge. Der Gedanke ist abwegig.
Ferner liegt die Besonderheit von Luftaufnahmen ja gerade darin, Ansichten darzustellen, die gar nicht vom Grundstück aus, insbesondere durch ein "Betreten", erzielt werden können, sondern nur von außen möglich sind.
"Betreten"
Die Urteile von 2010 beziehen sich auf das "Betreten" der Grundstücke. Vereinzelt wird "innerhalb der Anwesen aufgenommen" oder "innerhalb des Grundbesitzes" formuliert. In V ZR 14/12 wird "Betreten oder Benutzen" neu eingeführt.
Könnten die vereinzelt verwendeten alternativen Formulierungen zu "Betreten" eine bestimmte Absicht gehabt haben oder sind sie zur sprachlichen Auflockerung in die Urteile "hineingerutscht"?
Ein Hinweis kann vielleicht V ZR 45/10 Rn. 17 geben, in denen "Befüllung eines Gastanks mit fremder Ware" oder "Benutzen eines Gebäudes als Projektionsfläche" als Beispiele für vergleichbare Eigentumsbeeinträchtigungen angeführt werden. In diesen Fällen wurde das Eigentum von fremdem Material unmittelbar berührt bzw. in seinem Erscheinungsbild verändert.
Eine vergleichbare Einwirkung liegt im Falle des Überfliegens nicht vor.
Nachweis des exakten Aufnahmestandortes
Selbst wenn wir kurz annehmen, die Nutzung der Fotografien sei nicht zulässig, wenn der Fotograf über privatem Grund war: Der Nachweis des exakten Aufnahmestandortes ist sehr schwierig. Und verläuft in der Nähe des vermuteten Aufnahmeortes gar eine öffentliche Straße, könnte sich der Fotograf ja gerade im Augenblick der Aufnahme exakt über dieser Straße befunden haben.
Benutzungsfreiheit des Luftraums
§1 LuftVG legt seit 1922 ausdrücklich fest, dass die Benutzung des Luftraumes für jedermann frei ist. Der Luftraum ist dem Gemeingebrauch gewidmet. Literatur:
- Grabherr, Reidt, Wysk: Luftverkehrsgesetz (Kommentar) Rn. 18 "Die öffentlich-rechtliche Wirkung des § 1 Abs. 1 äußert sich darin, daß der Staat kraft seines Hoheitsrechts (vgl. § 1 Rn. 11) den Luftraum über seinem Staatsgebiet durch Rechtsvorschrift zur Sache im Gemeingebrauch, also zur öffentlichen Sache erklärt."
- Hobe (Kölner Kompendium Luftrecht) Rn 27 "Die Beschränkung des Eigentums konkretisiert insofern die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG und stellt keine Enteignung nach Art 14 Abs 3 GG dar".
- Lübben, "Das Recht auf freie Benutzung des Luftraums" Berlin, 1993: S. 95: "Die Bedeutung des § 1 Abs. 1 LuftVG liegt also darin, daß er den Luftraum zu einem öffentlichen Verkehrsweg für die Zwecke der Luftfahrt unmittelbar zur Benutzung durch Private (und auch den Staat) und damit zum Gemeingebrauch gewidmet hat". S. 124: "Die Freiheit des Luftraum ist und muß wegen des Grundrechtsschutzes die Regel sein, die Ausnahme die Verkehrs- oder anderweitig sicherheitsrechtliche Beschränkung, die rechtmäßig ist, wenn mit ihr nicht eine Aushöhlung des Gemeingebrauchs am Luftraum verbunden ist."
Diese Benutzungsfreiheit ist sehr umfassend:
LuftVG vs. BGB § 905
Grabherr Rn. 14 "...§1 Abs. 1 stellt klar, daß der Grundeigentümer die Benutzung des Luftraums über seinem Grundstück durch Lfzge selbst dann dulden muss, wenn er an der Ausschließung ein Interesse hätte (Meyer, ZLR 1957, 14), sofern der Überflug regelgemäß ist [Duldungspflicht des Grundeigentümers]. §1 Abs. 1 enthält in gewissem Sinne eine Ergänzung des §906 BGB, in der Weise, daß er diejenigen Einwirkungen, die regelmäßig vom Grundeigentümer geduldet werden müssen, um das Recht der Benutzung des freien Luftraums vermehrt. Der Grundeigentümer hat also nicht die Möglichkeit, kraft seines Eigentumsrechts an seinem Grundstück, den Überflug von Lfzgen zu verbieten."
Anm.: Das Luftrecht zieht die Grenze zum Luftraum unmittelbar über dem Boden. Einen Hinweis zur Abgrenzung des Grundstückes nach oben (vgl. § 905 BGB) hin zum dem Gemeingebrauch gewidmeten Luftraum gibt § 14 LuftVG: "(1) Außerhalb des Bauschutzbereichs darf die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 Metern über der Erdoberfläche überschreiten, nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen...". Oberhalb von 100m ist es also nicht nur so, dass der Eigentümer "eine Einwirkung nicht verbieten" kann, sondern er sogar nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden Bauwerke errichten kann. Eine weitere Grenze ist die Sicherheitsmindesthöhe von 150m. In der Umgebung von Flugplätzen kann die Grenze noch niedriger liegen.
Zur Fortbewegung im Fluge
Giemulla Schmid Müller-Rostin Kommentar zum Luftverkehrsgesetz führt hinsichtlich "Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge" unter Rn. 17 aus: "...Schleicher-Reymann (S. 64) haben betont, dass nur eine Benutzung des Luftraums zur Fortbewegung im Fluge gemeint sein könne (ebenso: Grabherr/Reidt/Wysk, §1 Rn. 11). Dem ist nichts entgegenzusetzen. Die Formulierung des Abs. 1 ist aber wenig gelungen, weil nicht Luftfahrzeuge selbst, sondern Menschen mit Luftfahrzeugen den Luftraum benutzen."
Jedoch enthält Schleicher-Reymann "Recht der Luftfahrt", 2. Auflage 1937 (der ersten Auflage konnte ich nicht habhaft werden) im Bereich um S. 64 nicht die Phrase "zur Fortbewegung im Fluge", sondern auf S. 63 (Anm. 6) "Benutzung durch Lfge", und zum Inhalt dieser "Benutzung" sind die im Luftrecht gebräuchlichen Ausdrücke Luftverkehr, Verkehr, Flug, Luftfahrt, Betrieb aufgezählt. Das steht i.W. unverändert im Schleicher/Reymann/Abraham, Band 2 von 1966.
Es ist denkbar, dass die Formulierung "zur Fortbewegung im Fluge" auf Fassungen des LuftVG vor 1959 zurückgeht, bei der § 1 Satz 2 noch lautete: "Luftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes sind Flugzeuge, Luftschiffe, Segelflugzeuge, Ballone, Drachen und ähnliche für eine Bewegung im Luftraum bestimmte Geräte". Die Fassung von 1959 lautete "...für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte...".
Ungeachtet der unklaren Herkunft dieses Zitats "zur Fortbewegung im Fluge" darf man daraus nicht schließen, nur die reine Fortbewegung, m.a.W. der Transport von Sachen oder Personen, sei von §1 LuftVG erfasst. Es macht keinen Unterschied, ob der Betrieb Selbstzweck ist, der Beförderung, wissenschaftlichen oder sonstigen Zwecken dient. Luftsport (Kunstflug, Streckensegelflug etc.), Luftreklame, Sightseeing-Rundflüge, Messflüge und vieles mehr sind ebenso von der Benutzungsfreiheit gedeckt wie das Fotografieren.
Woraus sich der Begriff "Benutzung" bezieht, geht aus den sonst im Luftrecht verwendeten Begriffen hervor: Luftverkehr (§§ 2, 26 LuftVG), Flug (§§ 4, 29 LuftVG), Luftfahrt (§ 28 LuftVG), Betrieb (§ 33 LuftVG), Starten und Landen (§ 31 LuftVG).
Siehe auch Grabherr "Zu Rn. 22 u. 23: Die Auffassung, daß §1 Abs. 1 den Luftraum nur zur Benutzung durch Lfzge., d.h. zur Beförderung von Personen oder Sachen freigebe (so Reuss, S. 32), erscheint zu eng, Die natürliche Zweckbestimmung des Lfzgs ist das Fliegen; ob dabei Personen oder Sachen befördert werden oder ob dabei nur Schriften gezeigt werden, ist gleichgültig (s. Auch Rinck, ZLW 1970, 98)."
Zum Fotografieren
Gegner der Luftbildfotografie könnten unterstellen, die im LuftVG formulierte Benutzungsfreiheit des Luftraums schließe nicht das Fotografieren im Flug ein, sie enthielte keine "Fotografiererlaubnis". Einer expliziten Erlaubnis bedarf es jedoch nicht. Auch im Straßenrecht oder Wasserwegerecht gibt es keine "Fotografiererlaubnis", und trotzdem ist das Fotografieren von Straßen und Wasserwegen aus erlaubt.
Dass der Gesetzgeber das Fotografieren aus der Luft als eine normale Nutzungsart des Luftraumes sieht, kann man u.A. daraus ableiten, dass das "Luftbildwesen" bis 1990 im Luftrecht ausdrücklich reguliert war:
- LuftVG idF von 1982, § 27 Abs. 2: "Von einem Luftfahrzeug aus dürfen Lichtbildaufnahmen außerhalb des Fluglinienverkehrs nur mit behördlicher Erlaubnis gefertigt werden. Lichtbilder, die außerhalb des Fluglinienverkehrs von einen Luftfahrzeug aus gefertigt werden, sowie danach hergestellte Zeichnungen oder Abbildungen dürfen nur mit behördlicher Erlaubnis in Verkehr gebracht werden.".
- LuftVZO idF von 1968, § 83 Erlaubnispflicht: "...Die allgemeine Erlaubnis berechtigt zur gewerblichen Herstellung von Luftbildaufnahmen außerhalb von Luftbildsperrgebieten".
- LuftVZO idF von 1968, § 88 Freigabe der Luftbildaufnahmen: "Luftbildaufnahmen sind freizugeben, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht eintritt".
Eigentums-, Urheber- oder Persönlichkeitsrecht schränk(t)en die Erlaubnis zur Anfertigung von (auch gewerblichen) Luftbildaufnahmen nicht ein.
Dass die Genehmigungspflicht 1990 entfiel und damit weitgehend aus den luftrechtlichen Vorschriften verschwand, ändert nichts an der Einstufung der Luftbildfotografie als eine übliche und damit von § 1 LuftVG gedeckte Nutzungsart des Luftraums.
Siehe auch Grabherr §1 Rn 24: "...Das Photographieren ist in der Regel nicht als Einwirkung auf das Eigentum i.S. der §§903 ff., 1004 BGB anzusehen (vgl. dazu BGHZ Urteil v. 9.3.1989 = NJW 1989, 2251) Anm.: Friesenhaus. Bildflüge werden also hingenommen werden müssen, es sei denn, daß der Grundeigentümer ein besonderes entgegenstehendes Interesse hat, etwa um Werkspionage zu unterbinden. Unterlassungs- (§§906, 1004 BGB) oder Schadenersatzansprüche (§§823, 826 BGB) können sich in Ausnahmefällen (z.B. Spionage) ergeben (Reuss, S. 34). In der Regel muss also der Grundeigentümer die Fertigung von Luftbildaufnahmen dulden (Rinck, ZLW 1970, 99). Vgl. auch den Aufsatz von Dorf „Luftbildaufnahmen und Unverletzlichkeit der Wohnung“ in NJW 2006, 951."
Zur Luftwerbung
Sowohl Luftbildfotografie als auch Luftwerbung sind seit dem 19. Jahrhundert ein fester Teil der Luftfahrt. Der "Himmelsschreiber" John Clifford Savage schrieb erstmals 1927 mit Rauch das Wort "Persil" in den Himmel. Einen Boom erlebte die Luftwerbung in den 50er Jahren. Heute werden eher Banner geschleppt oder Luftschiffe mit Werbeaufschriften versehen.
Ein Grundstückeigentümer muss Reklameflüge (einschließlich "Himmelsschreiben" mit Rauch) über seinem Grund dulden (MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, BGB § 905 Rn. 7, Verweist auf Staudinger/Roth 2016 Rn. 11). Genehmigungen für Reklameflüge sind nur von Sicherheits- und Lärmschutzaspekten abhängig (s. § 15 LuftVO), nicht aber von Eigentumsverhältnissen des überflogenen Grundes.
Damit ist die Luftwerbung einigermaßen vergleichbar mit der Luftbildfotografie.
Doch nicht zum Fotografieren?
Andere Ansicht ist Dr. Thomas Regenfus in seinem Vortrag von 2011 mit dem Titel "Zivilrechtliche Abwehransprüche gegen Überflüge und Bildaufnahmen von Drohnen", der verschiedentlich mit einer Kurzfassung in NZM 2011, 799-803 zitiert wird. Eine erweiterte Version von 2015 ist unter http://www.irut.de/Forschung/Tagungen/Beitraege_IRuT_2011/Regenfus.pdf abrufbar, in die auch Verwertungsrechte von Bildern aufgenommen wurden. Über ein (zu kurzes) Zitat von Giemulla/Schmid §1 Rn. 17 konstruiert Regenfus darin folgende nicht weiter untermauerte Annahme (PDF S. 23):
"Der in § 1 LuftVG begründete Gemeingebrauch am Luftraum ist in sachlicher Hinsicht auf den Überflug als solchen beschränkt. Die Ausschließungsbefugnisse des Eigentümers sollen durch ihn nicht in weiterem Umfang eingeschränkt werden, als es zur Ermöglichung des Flugbetriebs zwingend notwendig ist. Dem Eigentümer steht daher das Recht aus § 1004 i. V. m. §§ 903 S. 1, 905 BGB zu, ein Eindringen in die räumliche Sphäre über seinem Grundstück zu untersagen oder von Bedingungen abhängig zu machen."
Diese These ist m.E. nicht haltbar. Die von Regenfus zitierte Rechtsprechung betrifft nicht Eigentumsrecht sondern Persönlichkeitsrecht. Zur Bedeutung von Giemulla/Schmid Rn. 17 siehe Zur Fortbewegung im Fluge. Dass Luftbildfotografie durchaus eine im Luftrecht berücksichtigte Nutzungsart des Luftraums ist, wurde ebenfalls weiter oben belegt.
Der Wunsch, Überflüge durch "Drohnen" verbieten zu können, ist aufgrund des Gefährdungspotenzials und der Probleme hinsichtlich Privatsphäre nachvollziehbar. Jedoch kann die Grundlage für ein Überflugverbot nicht außerhalb des Luftrechts gefunden werden: § 1 LuftVG erlaubt Einschränkungen nur durch luftrechtliche Bestimmungen. Eine solche wurde 2017 mit der Erweiterung der LuftVO (Abschnitt 5a, §§ 21a..21f) geschaffen.
Zudem schießt der Artikel über das Ziel hinaus, da die Forderung weder zwischen "Drohnen" und manntragenden Luftfahrzeugen unterscheidet, noch sich auf das ursprüngliche Ziel "Privatsphäre" beschränkt. Selbst für "Drohnen" enthält die neue "Drohnenverordnung" nur für Wohngrundstücke die Möglichkeit, den Überflug durch den Eigentümer zu beschränken (Details weiter unten).
In DS 2016, 14 (17) "Rechtliche Voraussetzungen für den Einsatz von Kameradrohnen bei Sachverständigengutachten" stellt Regenfus die Verbotsbefugnisse differenzierter dar (Schikane, Spionage, Privatsphäre, übermäßiger Lärm). Leider ist seine Darstellung zur Eigentumsverletzung: "Jedoch wird durch eine Bildaufnahme, die nicht von einer allgemein zugänglichen Stelle sondern von dem betroffenen Grundstück aus gefertigt wird, das Eigentum an dem Grundstück verletzt" einerseits unkorrekt ("allgemein zugänglich" statt außerhalb), andererseits unklar: Geht es dabei um den Standort des Steuerers oder der Drohne im Luftraum?
Parallelwertung zu § 59 UrhG "Panoramafreiheit"
Die Rechtsprechung bezieht sich auch in Eigentumsfragen wiederholt auf § 59 UrhG: Die Panoramafreiheit dürfe nicht unterlaufen werden, Eigentumsschutz könne nicht weiter reichen kann als der Urheberschutz.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man manche Formulierung so missverstehen, dass diese "Beschränkung des Eigentumsschutzes" im Umkehrschluss ein "eigenständiges Recht am Bild der eigenen Sache" begründet, das so weit reicht wie der Urheberschutz (jedoch ohne dessen zeitliche Begrenzung).
Das "Friesenhaus-Urteil" macht deutlich, dass dies nicht gemeint ist: "Die Regelung der Abbildungsfreiheit für ... Bauwerke in § 59 UrhG ... läßt erkennen, daß dem Gesetzgeber ... selbstverständlich war, daß dem Eigentümer kein Nutzungs- und Verbietungsrecht zusteht. Andernfalls wäre es unverständlich, daß er die Abbildungen von Bauwerken urheberrechtlich freigibt, wenn sie gleichwohl aus dem Eigentumsrecht bürgerlich-rechtlich zu untersagen wären."
Eine direkte Umkehrung wäre ferner zu umfassend, da die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen grundsätzlich eng auszulegen sind. Der Aufnahmestandort als Kriterium ist beispielsweise gar nicht in § 59 UrhG enthalten, sondern erst im Hundertwasser-Urteil vom BGH eingeführt und m.E. als besonders enge Auslegung anzusehen, die für eine Parallelwertung keinesfalls angemessen ist.
Darüber hinaus ist die Auffassung des BGH im "Hundertwasserhaus"-Urteil I ZR 192/00 von 2003, dass Aufnahmen aus Flugzeugen heraus keine Panoramafreiheit genießen, in der aktuellen Rechtsprechung nicht mehr akzeptiert:
- Die Frankfurter Urheberrechtskammer liefert eine umfassende Begründung im Urteil 2-06 O 136/20 vom 25.11.2020.
- 2017 hat der BGH (Aida Kussmund) ein "Wasserfahrzeug" als zulässigen Aufnahmestandort angesehen, und eine Wasserstraße als öffentlich.
Aufnahme von öffentlich / allgemein zugänglichen Plätzen aus
Es gibt in Deutschland über 100000 Piloten von Segel- und Motorflugzeugen, Luftsportgeräten, Ballonen, Drachen und Gleitschirmen. Alleine auf dem Segelflug-Wettbewerbsserver des OLC wurden für das Jahr 2019 über 48000 Segelflüge mit insgesamt 14 Millionen Kilometern motorlosen Fluges hochgeladen (die Zahl nicht hochgeladener Flüge ist ein Vielfaches der Wettbewerbsflüge). Insgesamt verbringen Privatpiloten jedes Jahr vermutlich viele hunderttausend (wenn nicht Millionen) Stunden in der Luft.
Dabei ist die private Luftfahrt nicht "elitär": Ein Tag Segelfliegen kostet i.d.R. weniger als ein Tages-Skipass, dabei können hunderte Kilometer zurückgelegt werden. Alleinflüge dürfen ab einem Alter von 14 Jahren durchgeführt werden.
Die Nutzung des Lauftraums ist also nicht nur jedermann erlaubt, sondern wird auch laufend von einer sehr großen Zahl von Menschen als Sport oder Hobby praktiziert. Dabei können die Piloten (im Rahmen des Luftrechts) selbst entscheiden, welche Position sie einnehmen (im Gegensatz zum Fenster gegenüber des Hundertwasserhauses).
Kann unter diesen Umständen ernsthaft verneint werden, dass der Luftraum "ein für das Publikum allgemein zugänglicher Ort" sei?
Vergleich von manntragenden Luftfahrzeugen mit "Drohnen"
Die seit 2017 bestehende "Drohnenverordnung" (Abschnitt 5a der LuftVO, §§ 21a..21f) befasst sich hauptsächlich mit Sicherheit und Privatsphäre. Zum Beispiel muss das unbemannte Luftfahrtsystem (UAS) während des Fluges beobachtet werden, von Menschenansammlungen, Bundesfernstraßen usw. muss Abstand gehalten werden.
Ferner sind zwei eng umrissene Bereiche definiert, für die eine Erlaubnis des Grundstückseigentümers bzw. Nutzungsberechtigten erforderlich ist:
- Für das Betreten des Grundstückes beim Aufstieg des UAS.
- Für den Überflug von Wohngrundstücken mit Aufzeichnung oder Übertragung optischer Signale.
Das bedeutet einerseits, dass vor 2017 ein Grundstückseigentümer keine wirksamen Möglichkeiten hatte, derartige Überflüge auszuschließen. Sonst wäre die Neuregelung nicht nötig gewesen.
Dass diese Einschränkungen nur für UAS, nicht aber für die manntragende Luftfahrt eingeführt wurden, zeigt ferner die Absicht des Gesetzgebers, die manntragende Luftfahrt in dieser Hinsicht nicht einzuschränken.
Die Unterscheidung ist nachvollziehbar:
- Durch die sehr niedrige Flughöhe von UAS besteht ein hohes Potenzial, Details aus der Privatsphäre von Personen wahrzunehmen.
- Die oft verwendeten einfachen Multikopter fallen bei einem Ausfall des Antriebes vom Himmel, während ein Flugzeug zu einem Landeplatz gleiten kann. Zudem machen die strikten Konstruktions- Zulassungs- und Wartungsvorschriften für Flugzeuge ein Versagen sehr viel unwahrscheinlicher.
Diese spezifischen Eigenschaften der UAS könnten die Motivation für manchen Kommentator gewesen sein, die freie Nutzung des Luftraums für das Fotografieren infrage zu stellen.
Hinsichtlich der Privatsphäre besteht ein wichtiger Unterschied zur manntragenden Luftfahrt: Mit unbemannten Luftfahrtsystemen ("Drohnen") wird regelmäßig aus Perspektiven fotografiert, die einen Anblick ermöglichen, der "mit eigenen Augen" kaum möglich ist: Höher als z.B. 2m, aber wesentlich niedriger als die Mindestflughöhe aus einem Flugzeug.
Für die Anwendung der "Panoramafreiheit" wird diese Unterscheidung von manchen Kommentatoren als relevant angesehen, Stichwort "Hilfsmittel". Dies dürfte jedoch eine aus dem Bereich der Privatsphäre fälschlich übernommene Einschränkung sein, Hilfsmittel sind für die "Panoramafreiheit" grundsätzlich nicht schädlich (s. LG FFM 2020).
Übliche Nutzung des Luftraumes
Der Luftraum wird nicht nur zum reinen Transport von Gütern und Personen von A nach B verwendet, sondern auch auf vielfältige andere Art und Weise.
Nicht gewerblich
Luftsport mit und ohne Wettbewerbsabsicht, zum Beispiel:
- Kunstflüge (im LuftVG explizit genannt) mit und ohne Motor
- Schleppflüge (im LuftVG explizit genannt)
- (Strecken-) Segelflug
Gewerblich
Würde man dem Gedanken der "Früchteziehung aus dem Überflug von Grundstücken" folgen, dürfte es gar keine gewerblichen Flüge mehr geben. Der Hubschrauberpilot, der Gäste gegen Geld über ein Schloss oder eine Burg fliegt, zieht aus der Ansicht von Grund und Bauwerken, die er seinen Passagieren ermöglicht, in ähnlicher Weise Früchte wie mit einem Luftbild.
Neben der Luftbildfotografie gibt es z.B.:
- Messflüge (nicht "Fotografie) für meteorologische Zwecke, Vermessung (Lidar, Radar etc.), Erstellung von Geländemodellen, Flugleistungsvermessung
- Sightseeing-Rundflüge
- Reklameflüge (im LuftVG explizit genannt), z.B. Bannerschlepp, Luftschiffe (und Ballone) mit Reklameaufdruck, "Himmelsschreiben" mit Rauch, jedoch ausdrücklich nicht mit akustischen Mitteln wie Sirenen.
Die Luftbildfotografie dürfte jedoch der wirtschaftlich wichtigste Bereich sein
- Von Landesvermessungsämtern beauftragte Befliegungen zur Anfertigung von Luftbildkarten, Nutzung durch Ministerien und Liegenschaftsbehörden ebenso wie zum Verkauf an die Privatwirtschaft https://www.shz.de/530161 und https://www.shz.de/2412121
- Verbrauchern zugängliche Kartendienste im Internet mit hochauflösenden Schrägluftbildern: Google Maps, Bing Maps, Map and Route. Ohne Schrägluftbilder? https://wego.here.com/
- Industrielle Inspektion
- Filmproduktionen in TV (Deutschland von oben...), und Kino ("Bavaria"). Werbefilme.
- Druckerzeugnisse: Bildbände, Kalender, Ansichtskarten, Souvenirs.
- Luftbildarchäologie
- Oliver Betz - Neuried / München
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